DIE HISTORIE DES AUDIOS SAMPLER-TRANSPOSERS

Karlheinz Stockhausen mit Studenten 1974 beim Event „Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt“.
(Foto: © Klaus Fischer)


Klaus Fischer (links) 1976
im Gespräch mit dem Entwicklungsleiter von EMT,
Hersteller des legendären EMT 250 digital Reverb
und der EMT 140 Hallplatte.
(Foto: © Klaus Fischer)


Nikolaus Heyduck, Komponist.
(Foto: © Klaus Fischer)


Peter Leunig
(Foto: © Klaus Fischer),
Entwickler dieser Hitmaschine:

Der Vocoder für den Megahit „Autobahn“ (Kraftwerk),
Produzent: Conny Plank.

Conny Plank:
in seinem Studio mit dem AUDIOS links im Bild.

Klaus Fischer 1976 im Labor.
(Foto: © Klaus Fischer)

AUDIOS I: der Prototyp zur
Tonmeistertagung in Berlin 1978.
(Foto: © Klaus Fischer)

Ein Interview mit Klaus Fischer

Wie fing das alles an?

Mitte der 60er Jahre kamen in der Popmusik Effekte auf, die man vorher noch nicht gehört hatte. Es gab die verzerrte Gitarre bei Jimi Hendrix, es gab das Wah-Wah. Später kam dann das Phasing bei den Small Faces auf und es gab Soundeffekte, die mich immer wieder faszinierten und bei denen ich mich fragte: Wie entsteht das? Wie machen die das im Studio? Ich war brennend daran interessiert, das zu erfahren oder auch selbst zu bauen. Daraufhin studierte ich an der Technischen Hochschule Informatik, Nachrichtentechnik also Hardware- und Softwareentwicklung. In dieser Zeit hatte ich einen Aushilfsjob im Audioteam bei den Internationalen Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik, wo sich alle zwei Jahre Komponisten und Interpreten treffen und sich auch über elektronische Musik austauschen. Im Zuge dieser Tätigkeit lernte ich 1974 die ersten Profimusiker und deren Schüler kennen, die mit elektronischer Musik experimentierten, wie z. B. Karlheinz Stockhausen und dessen Team. Es war eine sehr kreative Atmosphäre, wo die verrücktesten Leute aus aller Welt anzutreffen waren, die Klänge und Sounds produzierten, die man vorher noch nicht gehört hat und nur sehr selten im Radio hören konnte. Es war ein Umfeld, das mich sehr inspirierte. Insbesondere auch, darüber nachzudenken, wie man Klänge in Räumen erzeugen kann, dass sich Musikinstrumente im Raum bewegen, so dass man den Eindruck hat, dass Schallquellen über einem schweben oder an einem vorbeirauschen und sich im Raum bewegen. Das hat mich inspiriert, einen Ringspeicher zu bauen, in dem ich Audiosignale einspeichern kann und zeitverzögert wieder abspielen kann.

Damals hattest Du mir einen ersten Prototyp vorgeführt.

Es fing bei mir 1974 mit einem einfachen Laboraufbau an, bestehend aus einem A/D, einem D/A-Wandler, einer digitalen Logik und einem digitalen Speicher, den ich in Form eines Ringspeichers betrieben habe. Dieser ermöglichte es mir, Musik zu digitalisieren und verzögert wieder abzuspielen – aber das Ganze war noch sehr ähnlich einem Delay, einem Verzögerungsgerät. Aber weil das Gerät aus einem digitalen Speicher bestand, zu dem man einen Schalter mit einer Write-Protect-Funktion hatte, habe ich mir den Spaß gemacht, den Schalter mal auf „Write-Protect“ zu schalten, mit dem Ergebnis, dass das augenblickliche Schallereignis im Speicher eingefroren war. Und ich hörte zum ersten Mal eine Loop. Das war der Sound, der zufällig gerade im Speicher digitalisiert war. Das war, glaube ich, eine Snare, die ich in einem Rhythmus von etwa 5 Schlägen pro Sekunde hörte. Für mich war es das erste Erlebnis einer Sample Loop, wie sie heute sehr gebräuchlich und ganz gewöhnlich auch in vielen elektronischen Musikinstrumenten nachgebildet wird, heute gar nichts Besonderes mehr. Es war ein Zufall, dass ich spielerisch mit diesem Write-Protect-Schalter umgegangen bin. Ich hatte zunächst nicht die Intension, Musik abzuspeichern und sie dann als Sample auf dem Keyboard abzuspielen. Vielmehr wollte ich ein digitales Verzögerungsgerät bauen, das Echos, Bewegung und Doppler-Effekte der Schallquelle im Raum simuliert und das im nächsten Schritt auch permanente Tonhöhenverschiebung ermöglicht. Aber im Zusammenhang mit dem Laboraufbau gab es eben diesen Write-Protect-Schalter, der mich dazu verleitete, Sounds einzufrieren. Ich war völlig fasziniert von dem hörbaren Ergebnis. Ich spürte, dass dies eine neue Ära einläuten würde und die Synthesizer vielleicht sogar ganz ablösen könnte, oder dass es zumindest der Beginn eines neuen Musikinstruments sein wird. Und genau so kam‘s ja. Es ist das, was wir heute in der Musik „Sampling“ nennen. Motiviert durch dieses Klangereignis habe ich dann ein weiterführendes Gerät entwickelt. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch Peter Leunig und Conny Plank nennen, die ich über meine Kontakte zum Internationale Musikinstitut Darmstadt (IMD) kennenlernte. Ich wusste genau, dass ich den Austausch mit Leuten brauche, die bereits in der Musikindustrie tätig sind und die mich dabei unterstützen, meine Ideen marktreif zu machen. Zwar habe ich dann erstmal in meinem Labor den Prototyp weiterentwickelt, in Form eines Gerätes, mit dem ich gezielt auch Klänge speichern und in verschiedenen Tonhöhen abrufen konnte. Aber mir war klar: um so ein Gerät in der Studiotechnik zu platzieren, brauche ich Leute, die in diesem Bereich weitere Erfahrung hatten. Das war der Peter Leunig, der damals schon Kompressoren baute und der den Kontakt zur Firma Barth herstellte. Den Peter nahm ich mit ins Boot, um dann später bei demselben Gerät dafür zu sorgen, dass die Ein- und Ausgänge studiotauglich sind. Aber das Basisgerät habe ich aus eigenem Antrieb entwickelt. Dafür hat mir auch kein Mensch etwas bezahlt. Das hatte ich zunächst in meiner Freizeit entwickelt, hatte aber sehr bald immer weniger Zeit für meinen damaligen Hauptberuf in der Industrie. Ich bekam dann den Kontakt zur Fa. Barth KG. Die zeigten großes Interesse an dem Gerät und boten mir an, meinen Prototyp „AUDIOS I“ auf der Tonmeistertagung 78 auf deren Messestand vorzustellen, wozu es auch kam. Es fand sehr großen Anklang, insbesondere aufgrund des glitchfreien Pitch Transposing, das es damals in dieser Qualität noch nicht gab. Es war das Hauptereignis für die Besucher auf der Messe, erstmalig ein studioreifes Pitch Transposing zu hören. Die anderen Funktionen, die später in der Zukunft viel mehr eingeschlagen sind, waren in dem Moment noch gar nicht so erkannt: das Einfrieren von Klangereignissen, das Kreieren von Loops mit diesem Gerät. Ich nannte das damals „Hold-Funktion“, weil es den Begriff „Sampling“ in der Musikbranche noch gar nicht gab. “Hold“ heißt also „Einfrieren von einem Stück Audio“. Das habe ich auf der Messe auch vorgeführt. Dass man eine Base Drum oder eine Snare einfrieren konnte, die man auch mit den Tasten abfeuern konnte fanden Musikvisionäre sehr spannend und innovativ. Die klassischen Tonmeister dagegen, fanden dieses „Hold“ allenfalls „ganz nett“, aber es wurde zunächst nicht als Sensation erkannt, weil der Markt noch gar nicht nicht reif dafür war. Die Sensation für alle war jedoch der gute Klang von dem Pitch Transposing und auch das Delay. Erst im weiteren Verlauf erkannte man die Bedeutung des Sampling. Kurzum: Nach der Messe war Barth an der Serienproduktion und dem Vertrieb meines AUDIOS interessiert und so schlossen wir einen Lizenzvertrag ab. Leider dauerte es zwei, drei Jahre, bis der „Barth AUDIOS“ in Produktion ging. Es wurden dann 50 Geräte produziert und zu einem Zeitpunkt auf den Markt gebracht, als die Konkurrenz in eigenen Samplern längst Teile meines Konzept abgekupfert hatte (wie zu vermuten war). Die 50 Barth AUDIOS wurden auch in einigen namhaften Studios benutzt. An erster Stelle ist Conny Plank zu nennen. Wie ich inzwischen aber auch erfuhr, wurde der Barth AUDIOS Mitte der 80er Jahre auch von Modern Talking verwendet. Die Stimmen von Dieter Bohlen und Thomas Anders wurden mit drei AUDIOSen vom Produzenten Luis Rodriguez extrem aufgehübscht. Da ist der AUDIOS insgesamt auf etwa 40 bis 50 Millionen Tonträgern vertreten. Dann: Conny Plank mit Ultravox und mit der Produktion „Liaisons Dangereuses“. Was mich besonders erfreut: als ich vor zwei Jahren nach Berlin kam, erfuhr ich, dass Ricardo Villalobos, einer der bekanntesten und erfolgreichsten DJs nicht nur in Berlin und Ibiza, drei bis vier AUDIOS im Einsatz hat und dass der AUDIOS seine Geheimwaffe ist. Wir haben uns inzwischen längst persönlich kennengelernt. Ich bin beeindruckend, wie virtuos er in seinem Studio den AUDIOS als Musikinstrument einsetzt, das ist wie ein Tanz! Letztes Jahr lieferte ich ihm einen weiteren AUDIOS mit Sonderausstattung, es war weltweit das erste Exemplar mit MIDI und CV-Steuerung.

Gibt es denn für den AUDIOS heute weiteren Nachschub?

Aus meinem eigenen Lagerbestand kann ich noch einige wenige Geräte reproduzieren, bzw. restaurieren und bei Bedarf auch mit erweiterten Funktionen ausstatten. Das sind aber Einzelexemplare, die ich auch nur im Ausnahmefall an mir persönlich bekannte Interessenten exklusiv liefere. Aber zum Glück gibt es ja in Berlin die Firma Echoschall, mit deren Betreiber Carsten Lohmann ich Hand in Hand zusammenarbeite und bei dem man den AUDIOS mieten kann.

Erhält man noch Ersatzteile, also ICs von diesen Baureihen, die ja schon 40 Jahre alt sind?

Ja, vieles ist noch im Handel erhältlich, manches bekomme ich auch aus China. Das Einzige, was ich wohl nicht mehr kriege, sind die DA-Wandler, aber von denen habe ich noch genug. Ich habe genügend Leiterplatten, auf denen diese DA-Wandler noch drauf sind. Und alles andere … Die Potiknöpfe – diese Kappen – sind auch noch erhältlich. Das Netzteil habe ich umkonstruiert, weil es zu viel Verlustleistung produzierte. Der AUDIOS ist oftmals den Hitzetod gestorben. Das war das größte Problem bei den Seriengeräten. Wenn der Kunde einverstanden ist, statte ich heute die AUDIOSe mit Schaltnetzteilen aus. Aber es gibt Kunden, die auf dem analogen Netzteil bestehen, und das respektiere ich dann auch, indem ich den Barth AUDIOS mit erweiterter Kühlung ausstatte, damit er nicht zu heiß wird.

Es gibt also eine richtige Szene, die Wert auf solche Vintage-Geräte legt, ähnlich vielleicht wie bei den Autos …

… aber mit dem Unterschied, dass im Audiobereich diese Vintage-Geräte auch heute noch tagtäglich ihren Platz in der professionellen Musikproduktion haben. Diese Kenner wissen auch genau, welche Seriennummer ihr AUDIOS hat. Mir waren die Seriennummern nie wichtig. Aber so mancher kann dir z.B. sagen: „Ich habe ein AUDIOS mit Seriennummer 8 und einen mit Seriennummer 16″. Und die hören dann auch Klangunterschiede, die selbst ich nicht höre. Die sagen dann: „Seriennummer 8 klingt für die Snare besonders geil, aber 16 klingt in anderen Fällen wieder geiler.“

Dabei ist das doch Digitaltechnik. Was soll da anders klingen?

Es ist auch zum Teil Analog-Technik. Es ist das Antialiasing-Filter davor und das Rekonstruktionsfilter am Ausgang. Es sind auch Op Amps drin.
Das Antialiasing-Filter sorgt dafür, dass keine Audio-Frequenzen digitalisiert werden, die höher sind als die Hälfte der Abtastfrequenz. Die Abtastfrequenz sind 40 Kilohertz. Das Antialiasing sorgt dafür, dass keine Anteile oberhalb von 20 kHz kommen. Weil: Die würden zurückgespiegelt. Die hört man dann als Spiegelfrequenzen weiter unten, und das ist sehr, sehr störend. Das ist bei der Digitalisierung ganz elementar. Das Antialiasing-Filter fängt schon oberhalb 16kHz an, die Höhen abzusenken. Meine Ziel war es damals, mit dem AUDIOS eine Qualität wie bei UKW-Radio hinzubekommen, d.h. 15 kHz Bandbreite und weit über 72 dB Dynamik. Das ist mir damals gelungen. Es machte bei der Vorführung auf der Tonmaster-Tagung einen großen Eindruck, weil der AUDIOS als Effektgerät in dieser Qualität konkurrenzlos war. UKW-Radio-Qualität ist heute für viele immer noch gut genug und viele hören kaum den Unterschied zur CD.

Erklär doch mal bitte, wie du schon damals diese wegweisende Transpositionsqualität erreichen konntest.

Da muss ich jetzt etwas ausholen: beim Pitch-Transposing, muss man das Gehör charmant austricksen (wie auch bei MP3). Es gibt dafür verschiedene Methoden in der Zeit- oder auch Frequenzdomäne. Beim AUDIOS habe ich mich für die Zeitdomäne entschieden, um minimale Latenz (=Verzögerungszeit zwischen Originalsignal und Ausgangssignal) zu ermöglichen. Damit kann ich quasi in Echtzeit der Solostimme eines Sängers mit dem AUDIOS zwei harmonisch veränderbare Backingvocals hinzufügen, die zeitlich zur Originalstimme nahezu verzögerungsfrei sind. Beim Up-Pitching erzeuge ich sich wiederholende Mikroloops, um die verkürzte Zeit zu dehnen. Beim Down-Pitching lasse ich Teile des Klangmaterials aus, um die verloren Zeit aufzuholen. Es entsteht eine Art Patchwork, dessen Teile derart aneinander passen müssen, dass deren Nahtstellen unhörbar sind. Dafür hatte ich damals einen Algorithmus erfunden – ein Meilenstein, für den ich auch ein Patent erteilt bekam. Übrigens: auch die Umsetzung dieses Algorithmus erfolgte im AUDIOS ganz ohne Computer.

Was macht den AUDIOS heute wieder interessant?

Was mich sehr erfreut: die mir hier in Berlin bekannten Musikproduzenten bezeichnen den AUDIOS bis heute immer noch als besten Pitch Transposer, der es schafft, in Echtzeit, mit sehr geringer Latenz und hoher Qualität zu transponieren. Nicht zu verwechseln mit Pitch Transposern, die „in the box“, also auf dem Computer laufen. Wenn ich heute mit Ableton oder anderen Audiotools arbeite, gibt es auch hervorragende Plugins, aber die laufen eben auf dem Computer. Noch vor zwei Jahren dachte ich „meine Güte, wer redet denn heute im Zeitalter der DAWs, Melodyne usw. noch über den AUDIOS“, aber mein Baby ist aktueller denn je!

Was war denn der zündende Punkt, weshalb heute wieder alle über den AUDIOS reden?

Das Revival fing bereits 2010 an, als die Leute es leid waren, in den Studios mit der Maus zu arbeiten. Die Sound-Künstler wollen mehr und mehr haptisch fühlbare Geräte haben, d.h. Geräte mit Tasten, mit Potentiometern, die sie anfassen können, um ganz intuitiv den direkten Zugriff darauf zu haben. Der AUDIOS bietet dieses Gefühl beim Sampeln, Pitch Transposing und bei der Gestaltung dynamischer Delays. Ein Multi-Effekt-Gerät, das durch den direkten Zugriff nicht nur grandiosen Sound liefert, sondern auch durch effizienten Workflow die Produktion beschleunigt!

Vielleicht liegt das auch daran, weil der Mensch sich gut Winkel merken kann? Dieses optische Feedback ist vielleicht wichtig.

Ja, ganz bestimmt. In diesem Zusammenhang muss ich wieder an Conny Plank denken. Er bekam den ersten Prototyp zu hören. Ich werde nie vergessen, mit welcher Sensibilität und Inbrunst er diese Potentiometer anfasste und dem Pitch Transposing lauschte. Ich habe das Bild noch gut vor Augen. Conny ist ganz wichtig für mich. Er ermutigte mich: „Klaus, du musst das Gerät unbedingt auf den Markt bringen, es ist ganz phantastisch und ein Meilenstein.“ Er ist einer der ganz wichtigen Menschen, die mir damals den Mut gaben, das Gerät so weit zu bringen, dass ich es auf einer Messe vorstellen konnte, aber auch Peter Leunig, der den Kontakt zu Conny und auch zur Fa. Barth herstellte, und der zur Analog-Technik einen gewissen Input gab. Ebenso mein Freund Nikolaus Heyduck. Niko meinte in letzter Minute, kurz bevor das Gerät in Serie ging: „Klaus, der AUDIOS braucht noch einen Sequenzer.“ Da war aber schon alles fertig, auf der Frontplatte war auch gar kein Platz mehr für einen Sequenzer-On-Switch. Da musste ich improvisieren, in dem ich zwei Tasten kombinierte: wenn man die Programmtasten 3 und 4 gleichzeitig drückt schaltet man den Sequenzer ein. Der Sequenzer ist heute immer noch ein Alleinstellungsmerkmal, das ganz wesentlich dazu beiträgt, dass der AUDIOS auch als elektronisches Musikinstrument zum Einsatz kommt.

Ich alleine hätte den AUDIOS, wahrscheinlich nicht weiterentwickelt. Das war auch der Input von einigen Menschen, die ich sehr schätze. Ich möchte an dieser Stelle auch noch mal meinen großen Dank an alle aussprechen, die mich damals emotional begleiteten, mich unterstützen und mir Mut gaben.

Willst du noch etwas zu Conny Plank erzählen?

Ich fange mal mit Peter Leunig an. Er entwickelte in den frühen 1970er Jahren den Vocoder, mit dem „Kraftwerk“ ihren großen Durchbruch erzielten mit ihrem Stück „Autobahn“. Kraftwerk sind Wegbereiter für die heutige Techno-Musik. Produziert wurde das Stück von Conny Plank in dessen Studio. Conny produzierte danach andere bekannte Bands und ist einer der Ersten, der den AUDIOS in seinem Studio benutzte, wie z.B. auf der Produktion von „Liaison Dangereuse“.

Hörst du das heraus?

Mitunter ja. Es gibt Kenner der Musikszene, die behaupten sogar, Modern Talking wäre ohne den AUDIOS nie so erfolgreich gewesen… ich weiß nicht, ob ich mir das anheften darf, aber bei allen wesentlichen Modern-Talking-Produktionen wurden definitiv drei AUDIOSe eingesetzt, die ganz entscheidend diesen Sound prägen.

Was würdest Du noch gerne machen ?

Weitere Songs komponieren, produzieren und mit drei oder vier AUDIOS performen…

Da wären wir bei Deinem weiteren Hobby in den Clubs von Berlin.

Hobby ist für mich eher ein Unwort, denn sowohl mein Studium, als auch meine aktuellen Kontakte und Aktivitäten haben mich besonders hier in Berlin in eine professionelle Richtung gezogen. Ich weiß aber auch, dass man in diesem Beruf  jahrelang Erfahrung sammeln und produzieren muss, um erfolgreich zu sein. ( …) Mein Ziel ist es, Songs zu produzieren, die mir und anderen Leuten Spaß machen, im passenden Club gut ankommen und die vielleicht auch das Potenzial haben, in bestimmte Charts zu gelangen. Wenn du heute die richtigen Strategien hast und die Social Media entsprechend bedienst, kann es gelingen. Ein guter Song mit professionellem Arrangement ist natürlich die Voraussetzung (und übrigens auch wichtiger als der Sound). Vielleicht kann ich es mir irgendwann leisten, meine Songs promoten zu lassen, aber das ist im Moment zweitrangig. Viel mehr ist es für mich angesagt, weitere Songs fertigzustellen und sie in Clubs zu präsentieren, um herauszufinden, wie sie ankommen. Vielleicht kann man da auch mehr draus machen. Die Zukunft wird zeigen, wie es bei mir weitergeht.

Du erwähntest ein Zeugnis. Was ist darunter zu verstehen?

Wir bekamen am Abbey Road Institute ein Dokument. Das ist halt ein Zeugnis, auf dem steht, dass ich Musikproduktion, Soundengineering und Musikbusiness studiert und abgeschlossen habe. Wenn man diese 3 Bereiche innerhalb eines  Jahres studiert, hat man erst einen groben Überblick. Allein das Musikbusiness kann man kaum studieren, weil es sich permanent ändert. Aber man bekommt durch das Studium Connections, und das ist das Entscheidende. Man lernt Leute kennen, die in der Musikindustrie bereits tätig sind oder waren, die einem auch zur Seite stehen, wenn man Fragen hat und man ist Teil einer Community, wodurch wichtige Synergien entstehen.

Ich hätte mir vorgestellt, dass da nur das Technische, Musikalische gelehrt wird …

Wenn du an der staatlichen Schule Tonmeister lernst, dauert das ein paar Jahre. Und dann musst du wohl auch mindestens zwei Instrumente gut beherrschen, um überhaupt für das Studium aufgenommen zu werden. Trotzdem ist das staatliche Tonmeisterstudium auch sehr technisch orientiert. Da geht es um Mikrofone, Mischpulte, usw. Beim Abbey Road Institute ist das Besondere, dass der Lehrstoff weite Bereiche der Musikproduktion abdeckt. Das Musikalische steht sehr im Vordergrund. Du lernst im Ansatz, Musik zu arrangieren, auch mal einen Streichersatz, oder eine untermalende Filmmusik zu komponieren. Du lernst vor allen Dingen auch den Umgang mit Musikern. Es heißt: 80 Prozent der Arbeit im Studio ist Psychologie. „Wie gehe ich mit Musikern um? Wie schaffe ich es, dass sie sich wohlfühlen und ihr Bestes geben?“ Das fängt schon damit an, dass man bereits einen Tag vor einer Recording-Session alles vorbereitet, damit die Künstler nicht von irgendwelchem Strippen-Wirrwarr genervt wird. Es ist tödlich für die Kreativität einer Band, wenn sie erlebt, dass im Studio etwas nicht funktioniert, oder dass auf einmal die Technik und nicht der Song im Mittelpunkt steht. Der Musiker muss sich fallen lassen können… und das ist es auch, was mich an diesem Studium faszinierte, nämlich dass es nicht um nur um Dezibel geht. Natürlich wird auch alles gelehrt was die Technik betrifft (davon kannte ich ja bereits vieles „rauf und runter“….), aber ein großer Schwerpunkt ist eben das Musikalische und der Umgang mit den Menschen in diesem Umfeld. Weil es so breit aufgestellt ist, fand ich das Studium für mich sehr bereichernd und sehr wertvoll.

Klaus, Danke für dieses Interview, ich habe wieder viel gelernt !

Das Interview (hier gekürzt wiedergegeben) führte Thomas Klinger.